Eigenbedarf: Der teuerste Fehler, den du als Vermieter machen kannst

Eigenbedarf: Der teuerste Fehler, den du als Vermieter machen kannst

Du hast eine vermietete Wohnung und spielst mit dem Gedanken: “Vielleicht ziehe ich da in ein paar Jahren selbst ein. Ist ja meine Immobilie, das wird schon gehen.” Wenn dieser Satz in deinem Kopf herumschwirrt, dann ist dieser Beitrag die wichtigste Warnung, die du als Immobilienbesitzer je lesen wirst.

Die Kündigung wegen Eigenbedarfs ist das schärfste Schwert des Vermieters – und zugleich das gefährlichste. Die Vorstellung, man könne einen Mieter problemlos kündigen, weil man die Immobilie für sich oder nahe Angehörige benötigt, ist ein weit verbreiteter und extrem teurer Irrtum. Die Hürden, die der Gesetzgeber und die Rechtsprechung aufgebaut haben, sind zu Recht gigantisch hoch.

Lass uns Klartext reden: Eine Eigenbedarfskündigung ist kein strategisches Werkzeug, sondern eine absolute Notwendigkeitsentscheidung.

Das Kernproblem: Eine Kapitalanlage ist keine flexible Wohnoption

Viele Käufer erwerben eine vermietete Wohnung als Kapitalanlage. Die Mieteinnahmen decken die Finanzierung, die Wertentwicklung ist vielversprechend. Irgendwo im Hinterkopf schlummert die Idee, die Wohnung später als Altersruhesitz oder für die Kinder zu nutzen. Das ist menschlich verständlich, aber rechtlich fatal.

Das deutsche Mietrecht schützt den Mieter in seinem Lebensmittelpunkt. Eine Kündigung ist nur unter strengen Voraussetzungen möglich. Bei der Eigenbedarfskündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist die entscheidende Hürde dein konkreter und ernsthafter Nutzungswille zum Zeitpunkt der Kündigung.

Was bedeutet das?

  • “Vielleicht in 5 Jahren” ist kein Grund: Eine Kündigung auf Vorrat ist unzulässig. Du kannst nicht kündigen, weil du eventuell in unbestimmter Zukunft Eigenbedarf haben könntest. Der Bedarf muss bei Ausspruch der Kündigung bereits bestehen und nachvollziehbar sein.
  • “Mal sehen, ob mein Sohn studiert” ist kein Grund: Die Absicht muss gefestigt sein. Vage Pläne oder Überlegungen reichen nicht aus. Du musst vernünftige, nachvollziehbare Gründe darlegen, warum du oder eine begünstigte Person die Wohnung jetzt benötigt.
  • “Ich will den Mieter loswerden” ist der Ruin: Wenn sich herausstellt, dass dein Eigenbedarf nur vorgeschoben war, um die Wohnung leer zu bekommen (z.B. für einen Verkauf oder eine teurere Neuvermietung), drohen dir Schadensersatzforderungen in existenzbedrohender Höhe.

Vorgeschobener Eigenbedarf: Das finanzielle Desaster

Stell dir vor, du kündigst, der Mieter zieht nach langem Streit aus, und du ziehst dann doch nicht ein. Vielleicht haben sich deine Pläne geändert, oder der Bedarf war von Anfang an nicht echt. Wenn der ehemalige Mieter das nachweisen kann, bist du in ernsthaften Schwierigkeiten.

Die Gerichte sehen hier keinen Spaß. Du musst dem Mieter den gesamten Schaden ersetzen, der ihm durch den Umzug entstanden ist. Dazu gehören typischerweise:

  • Sämtliche Umzugskosten: Spedition, Renovierung der alten Wohnung etc.
  • Kosten für die Wohnungssuche: Maklergebühren, Inserate.
  • Differenz zur höheren Miete: Wenn der Mieter nun für eine vergleichbare Wohnung mehr bezahlen muss, kannst du verpflichtet werden, diese Differenz über Jahre hinweg zu zahlen!
  • Anwalts- und Gerichtskosten: Sowohl deine eigenen als auch die der Gegenseite.

Wir sprechen hier nicht über Peanuts. Das können schnell Summen von 20.000 €, 50.000 € oder mehr werden. Deine Kapitalanlage wird so zu einem finanziellen Albtraum.

Die Hürden im Detail: Was du wirklich nachweisen musst

Selbst wenn dein Wunsch echt ist, musst du ihn extrem gut begründen. Das Kündigungsschreiben muss detailliert und unmissverständlich sein.

  1. Die Person: Für wen meldest du Bedarf an? Der Personenkreis ist eng begrenzt (z.B. du selbst, Kinder, Eltern, Enkel, Großeltern). Bei Nichten, Neffen oder Schwagern wird die Argumentation schon deutlich schwieriger.
  2. Der Grund: Warum brauchst du genau diese Wohnung? Allgemeine Aussagen wie “Ich brauche mehr Platz” reichen nicht. Du musst es konkretisieren: “Wegen der Geburt unseres zweiten Kindes benötigen wir ein zusätzliches Zimmer, das in unserer aktuellen 2-Zimmer-Wohnung nicht vorhanden ist.” oder “Aufgrund meiner Knieprobleme benötige ich eine Erdgeschosswohnung und meine jetzige liegt im 4. Stock ohne Aufzug.”
  3. Der Härtefall-Widerspruch des Mieters: Selbst bei einer formal perfekten Kündigung kann der Mieter widersprechen, wenn der Auszug für ihn eine unzumutbare Härte bedeuten würde (§ 574 BGB). Hohes Alter, schwere Krankheit, lange Mietdauer, Schwangerschaft oder fehlender Ersatzwohnraum sind klassische Härtefälle. Das Gericht wägt dann deine Interessen gegen die des Mieters ab – der Ausgang ist oft ungewiss.

Fazit: Kaufe niemals mit einer vagen Absicht

Eine vermietete Immobilie ist eine Investition unter den Bedingungen des Mietrechts. Sie ist keine flexible Reserve für deine persönliche Lebensplanung.

Wenn du eine Wohnung zur späteren Eigennutzung kaufen möchtest, kaufe eine, die bereits frei ist. Wenn du eine vermietete Wohnung als Kapitalanlage kaufst, dann betrachte sie als genau das: eine Anlage, deren “Inhalt” – der Mieter – unter einem besonderen gesetzlichen Schutz steht.

Eine Eigenbedarfskündigung sollte immer nur die allerletzte Option in einer unausweichlichen Lebenssituation sein und niemals ein strategisches Kalkül. Bevor du auch nur einen Gedanken an eine solche Kündigung verschwendest, ist eine umfassende Beratung durch einen spezialisierten Fachanwalt für Mietrecht absolute Pflicht. Alles andere ist ein unkalkulierbares Risiko für dein Vermögen.

Das war ein erster Einblick zum Thema EIGENBEDARF. Natürlich gibt es immer noch mehr zu entdecken und zu besprechen. Solltest du individuelle Fragen haben oder an einem Austausch interessiert sein, dann schreib uns gerne HIER jederzeit über das Kontaktformular.

Wir freuen uns darauf, von dir zu hören und dich auf deinem weiteren Weg zu unterstützen!

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